Warum wird das Stromnetz immer teurer?

2024 steigen die Übertragungsnetzentgelte von 3,12 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) auf im Schnitt 6,43 ct/kWh. Ursprünglich war vorgesehen, diesen Kostenanstieg über einen staatlichen Zuschuss in Höhe von 5,5 Milliarden Euro abzufedern. Das war nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds nicht mehr möglich. Wir haben mit Dr. Carsten Lehmköster, Leiter des Bereichs Netzwirtschaft der Amprion GmbH, über die Hintergründe gesprochen.

Das Bundesverfassungsgericht hat im November 2023 festgestellt, dass der Haushalt nicht verfassungsgemäß ist. Ein Opfer der darauf folgenden Sparpläne sind die Zuschüsse zu den Netznutzungsentgelten. Was bedeutet das für die Kunden?
Wir Übertragungsnetzbetreiber haben frühzeitig informiert, dass die Übertragungsnetzkosten für 2024 erneut steigen werden. Daraufhin hatte die Bundesregierung einen Zuschuss aus dem Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds in Höhe von 5,5 Milliarden Euro zur Stabilisierung der Netznutzungsentgelte für 2024 vorgesehen. Mit dem Wegfall dieses Zuschusses haben sich die Übertragungsnetzentgelte im Jahr 2024 ungefähr verdoppelt.

Was bringt der Ausbau der Übertragungsnetze?
Die zukünftigen Großkraftwerke stehen in der Nordsee. Große Mengen grünen Stroms müssen über immer weitere Strecken zu den Industrie- und Verbrauchszentren transportiert werden. Dafür muss das Übertragungsnetz ausgebaut werden. Der Aus- und Umbau des Übertragungsnetzes hilft auf dem Weg zur Klimaneutralität, er sorgt für eine stabile Energieversorgung, hält Deutschland wettbewerbsfähig und sichert Arbeitsplätze.

Werden auch die Verbraucher in der Emscher-Lippe-Region von den Netzinvestitionen profitieren?
Die Emscher-Lippe-Region spielt eine entscheidende Rolle für die erfolgreiche Energiewende. Amprion plant, in dieser Region drei Konverter mit 6 Gigawatt Leistung zu bauen, um grünen Strom von der Nordseeküste für bis zu 6 Millionen Menschen und Industriekunden verfügbar zu machen. Die Konverter, die Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln, ermöglichen den effizienten Transport von Gleichstrom über große Entfernungen und sichern so die klimaneutrale Energieversorgung der Region.

Was treibt aufseiten der Übertragungsnetzbetreiber die Netzkosten in die Höhe?
Wesentliche Treiber für den Anstieg der Übertragungsnetzkosten sind die Energiepreise. Sie erhöhen die Kosten für Systemdienstleistungen zur Stabilisierung des Stromnetzes. Hintergrund ist, dass wir schon heute an der Küste große Erzeugungskapazitäten haben, aber nicht alles, was erzeugt werden könnte, genutzt oder durch die vorhandene Infrastruktur abtransportiert werden kann. Wenn sich das durch die Investitionen in die Übertragungsnetze ändert, wirkt sich das für alle Stromverbraucher positiv aus.

Ist eine Stabilisierung absehbar?
Mit jedem Lückenschluss im Übertragungsnetz sinkt der Bedarf für das Engpassmanagement. Unsere Prognosen zeigen, dass mit der Fertigstellung zentraler Projekte ab dem Jahr 2027 eine Trendumkehr bei den Engpassmanagementkosten entsteht. Allein unser Projekt A-Nord wird ab der Inbetriebnahme im Jahr 2027 die bundesweiten Kosten für Netzengpässe um 700 Millionen Euro jährlich senken.

Braucht es staatliche Maßnahmen, um weitere Belastungen für die Verbraucher künftig zu verhindern bzw. das Investitionstempo zu erhöhen?
Der Umbau zu einem klimaneutralen Energiesystem ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Kosten für Netzengpässe im Übertragungsnetz beliefen sich im vergangenen Jahr bundesweit auf rund 3 Milliarden Euro. Diese Transformationskosten sollten staatlich finanziert werden, um Verbraucher und Wirtschaft zu entlasten.